Informationsblatt MDR1-Gen
Dr. Alexander Koch
Tierärztliche Klinik Oerzen (Lüneburg)
Die MDR1-Gen Erbgutvariante beim Collie und artverwandter Rassen:
Einige Fragen und Antworten:
Eine kurze Erklärung vorneweg:
Ich bin gebeten worden, zu dem Thema MDR-ein paar kurze Informationen aufzuschreiben und in gewisser Weise meine eigene Meinung und meine Erfahrung zu diesem Thema mit einfließen zu lassen.
Daher ist dieser kurze Artikel nicht als wissenschaftliche Abhandlung zum Thema MDR-Gen aufzufassen. Er soll eher ein paar grundsätzliche Gesichtspunkte zu diesem Thema darstellen.
Die sogenannte „Blut-Hirn-Schranke“ ist ein Schutz des Zentralen Nervensystems vor schädlichen Fremdstoffen, die nicht in das Gehirn gelangen sollten. Damit dies nicht geschieht, verfügt der Organismus über Transportproteine in den Wänden von Blutgefäßen, die Fremdstoffe filtern und wieder in den Blutkreislauf zurückpumpen.
Eines dieser Transportproteine ist das MDR 1-Protein (multi drug resistance) und wird durch das MDR-1-Gen kodiert.
Insbesondere bei Collie Rassen tritt ein Defekt des MDR-Gens auf. Je nachdem wie die Ausprägung dieses Defektes ist, wird der Hund als MDR -/- (homozygot) oder MDR -/+ (heterozygot) bezeichnet. Defektfreie Hunde bezeichnet man mit MDR1 +/+.
Der Gendefekt führt dazu, dass die Schutzfunktion des MDR-Transportproteins insbesondere an der Blut-Hirnschranke beeinträchtigt ist. Ähnliche Erbgutvarianten sind auch beim Menschen beschrieben.
Was sind die Folgen ?
Sind Hunde von der Genvariante betroffen, ist es möglich, dass bestimmte Arzneistoffe ungefiltert beispielsweise in das zentrale Nervensystem übertreten können.
Damit kann es beim Einsatz von bestimmten Medikamenten zu Nebenwirkungen, in Einzelfällen leider auch mit tödlichem Ausgang kommen.
Insbesondere von dem Antiparasitikum Ivermectin ist seit langen bekannt, dass es bei diesen Hunden zentralnervöse Nebenwirkungen auslösen kann.
Auf was muss man achten wenn, wenn der eigene Hund betroffen ist ?
Hunde mit der MDR-1-Erbvariante können auf bestimmte Medikamente Nebenwirkungen entwickeln. Dies können aber auch Hunde ohne Erbdefekt. Auch Katzen können auf bestimmte Medikamente gravierende Nebenwirkungen entwickeln.
Bei Narkosen treten bei den gängigen Narkosemedikamenten erfahrungsgemäß keine MDR1-abhängigen Nebenwirkungen auf.
Ratsam ist es, mit seinem Tierarzt zu sprechen. Dieser wird auf Medikamente verzichten, die bei entsprechenden Hunden Schäden auslösen können. Arzneimittel wie das Ivermectin sind, schon bevor der MDR-Gentest verfügbar war, seit Jahren bekannt und wurden und werden grundsätzlich bei Collies vermieden. Meist sind adäquate Ersatzpräparate verfügbar.
Sind Hunde mit dem MDR-Gendefekt krank:
Unabhängig davon, ob man es einen Defekt oder eine Genvariante nennt, bleibt festzuhalten, dass betroffene Hund nicht in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt sind. Hunde mit MDR (-/-) oder (-/+) sind vom äußeren Erscheinungsbild ganz normale Hunde. Weder die Gesundheit noch die Lebensdauer sind bei diesen Tieren eingeschränkt.
Es handelt sich also nicht um eine Krankheit im eigentlichen Sinne oder um einen Gendefekt der zwangsläufig mit körperlichen Schäden einhergeht.
Ist ein MDR-Test sinnvoll, muss ich meinen Hund testen lassen ?
Wie bereits erwähnt ist es den allermeisten Tierärzten schon seit vielen Jahren bekannt, dass insbesondere Collies auf bestimmte Medikamente spezielle Nebenwirkungen entwickeln können.
Diese Medikamente wurden daher aus Sicherheitsgründen nicht eingesetzt, auch schon bevor ein Gentest angeboten wurde.
Ein MDR-Gentest Test sagt aus, ob der Hund in Anbetracht seiner Genkonstellation die Medikamente, die bisher beim Collie nur mit Vorsicht bzw. nicht eingesetzt worden sind, evtl. doch verträgt, sollte MDR (+/+) vorliegen, oder ob man, wie bisher beim Collie, bei Hunden mit MDR (-/-) auf diese Medikamente verzichten und Alternativpräparate einsetzten sollte.
Wie wichtig diese Information ist, muss jeder Hundebesitzer für sich entscheiden. Einen Hund aber nur wegen einer MDR (-/-) nicht zu übernehmen erscheint übertrieben.
Über den Nutzen des MDR-Tests im Rahmen der Zuchtselektion kann man streiten.
Es sollte aber auch unter diesem Gesichtspunkt überlegt werden, welchen Nutzen und welche Aussagen der Gentest liefert.
Wird durch die Selektion aufgrund des MDR1-Tests eine gravierende Erbkrankheit bzw. Disposition für eine Erkrankung verhindert?
Sollte der Genpool zugunsten der Selektion auf das MDR-Gen eingeschränkt werden und durch engere Verpaarungen ggf. andere Erbkrankheiten in Kauf genommen werden?
Inwieweit also eine Zuchtauslese hinsichtlich des MDR1-Gendefektes erfolgen sollte, muss intern und am besten objektiv und sachlich entschieden werden.
Der Hundebesitzer sollte seinen Hund auch mit MDR (-/-) als Hund wahrnehmen, der ein normales und gesundes Leben wie jeder andere Hund auch führen kann.
gez. Dr. Alexander Koch
MDR1-Genotyp des Rüden |
MDR1-Genotyp der Hündin |
|
|
Nicht betroffen
(+/+) |
Merkmalsträger
(+/-) |
Betroffen
(-/-) |
|
Nicht betroffen
(+/+) |
100 % (+/+) |
50 % (+/+)
50 % (+/-) |
100 % (+/-) |
Merkmalsträger
(+/-) |
50 % (+/+)
50 % (+/-) |
25 % (+/+)
50 % (+/-)
25 % (-/-) |
50 % (+/-)
50 % (-/-) |
Betroffen
(-/-)
< zurück
|
100 % (+/-) |
50 % (+/-)
50 % (-/-) |