Die Läufigkeit

Durch ein feines Zusammenspiel vieler verschiedener Geschlechtshormone kommt die junge Hündin in die Pubertät, wird zum ersten Mal läufig und somit geschlechtsreif. Die erste Läufigkeit kann zwischen dem 06. und dem 12. Lebensmonat stattfinden, aber in Einzelfällen auch früher oder später. 

Hier spielen neben der körperlichen Entwicklung auch Umwelt- (Jahreszeiten, Klima) oder Haltungsbedingungen (z.B. Mehrhundehaltung) eine Rolle. Hündinnen stimulieren sich gegenseitig (Synchronisation der Läufigkeiten um gemeinsam Nachwuchs zu versorgen- oder auch Konkurrenzverhalten) dazu gemeinsam läufig zu werden oder hemmen u.U. auch eine im Rang niedriger stehende Hündin. Sie sind sogar in der Lage - wenn nötig - Läufigkeiten zu unterbrechen, komplett abzubrechen oder hinauszuziehen. 

Die Häufigkeit pro Jahr variiert von einer bis zu zwei Läufigkeiten. Die allermeisten Hündinnen werden zweimal pro Jahr läufig, einige aber auch nur einmal. Intervalle liegen so in etwa zwischen alle 5 bis alle 12 Monate. Viele Hündinnen haben einen sehr exakten Zyklus nach dem man beinahe die Uhr stellen kann. Einige verzögern um mehrere Wochen später, werden früher oder unregelmäßig heiß. Im Alter oder bei verschiedenen Grunderkrankungen (z.B. Schilddrüsenunterfunktion) können Veränderungen wie verlängerte Intervalle zwischen den Läufigkeiten oder verlängerte/ schwächer ausgebildete Läufigkeiten auftreten. 

Im Normalfall dauert eine Läufigkeit selbst insgesamt um die 21 Tage. 

Im Laufe der beginnenden Pubertät bilden sich in der Hündin schon kleine Eizellen und diese sind auch schon dezent hormonell aktiv. So reift mit dem Wachstum des Körpers zunehmend das Gesäuge, die Vulva, die Gebärmutter, die Eileiter und die Eierstöcke. Kurz vor der ersten Läufigkeit bemerken meist die Rüden die gesteigerten hormonellen Veränderungen schon sehr zeitig und reagieren mit erhöhter Aufmerksamkeit. Die Hündinnen selbst verhalten sich oft noch verwirrt (hängende Rute, etwas zurückgezogeneres Verhalten, wachsende Aggressivität gegenüber weiblichen Tieren) ob der „Belästigung“ und der gefühlten Veränderung und weisen die Rüden drastisch ab. 

Kurz vor dem durch Einsetzen der Blutung optisch ersichtlichen Beginn der Läufigkeit (man bezeichnet diese Phase auch als Prä- Proöstrus, sie kann 1 bis drei Wochen andauern) werden im Hypothalamus, also der hormonellen Steuerzentrale des Körpers im Zwischenhirn, sogenannte Gonadotropin Releasing Hormone (GnRH) freigesetzt, die den untergeordneten Hypophysenvorderlappen wiederum zur Freisetzung eines Follikel stimulierenden Hormons (FSH; Hormon zur Eizellreifung) und des Luteinisierenden Hormons (LH) beauftragen. 

Rüden nehmen diese Zeit der Vorbereitung auf die Hitze schon ganz früh wahr und werden bei den Hündinnen „anhänglicher“ und interessierter. Hündinnen- manchmal erst ab der zweiten Läufigkeit- beginnen in diesem Zeitraum häufiger zu markieren, sie schnuppern bei Spaziergang viel und werden oft unaufmerksamer und weniger folgsam. Es fällt auf, dass sie sich häufig im Genitalbereich putzen. Bedingt durch einen gesteigerten Östrogeneinfluss vergrößert sich die Vulva etwas. Die Eierstöcke werden nun durch das FSH stimuliert die Eizellen reifen zu lassen und bilden zunehmend Östrogen (Eierstockhormon). 

Jetzt startet die Phase des Proöstrus (Vorbrunst, Dauer zwischen 3- 9 Tagen, grob die erste Woche der Läufigkeit). Durch das rasch und kontinuierlich ansteigende Östrogen werden die typischen äußeren Zeichen der Läufigkeit sichtbar. Die Vulva schwillt maximal an, blutiges Sekret, was zuerst wenig und bräunlich, dann etwas mehr und tiefrot- blutig ist, tritt aus. Typische, Rüden anlockende Duftstoffe werden abgegeben. 

Wenn der Östrogenspiegel seinen Höhepunkt erreicht hat, stimuliert er die ebenfalls höchste Ausschüttung des LH (Luteinisierenden Hormons) aus der Hypophyse (Hirnanhangdrüse). 

Die Phase der absoluten Hochbrunst, also der Östrus (Dauer: 3-9 Tage, grob die zweite Woche der Läufigkeit), ist jetzt erreicht: 

Die Eizellen werden durch diese Östrogen/ LH- Spitze beim sogenannten Eisprung (Ovulation) freigesetzt und wandern aus dem Eierstock in Richtung Eileiter, wo sie noch einige Tage heranreifen müssen, bis sie schlussendlich befruchtungsfähig sind. Mit diesem Östrus beginnt auch die Phase der Rüdenduldung. Die hormonellen Umstände fördern den sogenannten Duldungsreflex und die Hündin lässt sich im Normalfall decken. Dieser Zeitraum kann sich von nur wenigen Stunden bis über mehrere Tage erstrecken. Das ist sehr unterschiedlich. 

Der Ausfluss kann - muss aber nicht (!!)- in diesem Zeitraum bedingt durch den wieder sinkenden Östrogenspiegel sehr viel weniger mit Blut durchsetzt sein und nimmt sehr häufig eine fleischwasserähnliche Färbung an. Die Vulva ist nun nicht mehr extrem prall, sondern etwas kleiner und weicher. Viele Hündinnen sind in diesem Zeitraum unruhiger als gewöhnlich, fiepen, sind extrem schmusig und anhänglich, suchen nach einem Partner. Da können auch einmal andere Haustiere „belästigt“ werden. Die Hündinnen stehen bei bestimmter Stimulation (Kraulen an den Flanken, auf dem Rücken im Bereich der aufgelegten Rute, Fingerdruck im Dammbereich zwischen Vulva und After), krümmen den Rücken ein wenig, nehmen die Rute aktiv zur Seite, heben die Vulva deutlich an und bieten sich förmlich an. Diese Zeit wird deswegen auch Standhitze genannt.

  • Gravidität = Trächtigkeit
  • Ingravid = nicht tragend
  • Follikel= Eizellen
  • Ovulation= Eizellfreisetzung/ Eisprung
  • Anöstrus= Ruhephase
  • Proöstrus= Vorbrunst
  • Östrus= Hochbrunst
  • Diöstrus= Zwischenbrunst

Quelle: Labor Laboklin, Bad Kissingen

Nach dem sogenannten Eisprung und der Abgabe der Eizellen in die Eileiter bildet sich aus dem „Rest“ der übrig gebliebenen Eizellen der sogenannte Gelbkörper (Corpus luteum), der für die Freiseztung/ Bildung des Progesterons (Trächtigkeitsschutzhormon) zuständig ist. Die Hündin kommt somit in die Phase des Diöstrus. Rüden werden nun nicht mehr geduldet. Im Falle einer Trächtigkeit dauert dieser Zeitraum 58-63 Tage, bei nicht trächtigen Hündinnen 90-110 Tage. 

Bei trächtigen und nicht tragenden Hündinnen ist der Progesteronspiegel nach der Läufigkeit über nahezu 9 Wochen in etwa gleich hoch.  

Aus diesem Grund entwickelt jede nicht tragende Hündin eine mehr oder weniger stark ausgeprägte und mit mehr oder weniger starken Symptomen behaftete Scheinträchtigkeit. 

Mit dem Absinken des Progesterons (Abbau der Gelbkörper) gegen Ende einer Trächtigkeit (58- 63 Tage nach einer eventuell erfolgten Befruchtung) oder als Reaktion des Körpers auf eine nun erkannte, nicht vorhandene Trächtigkeit, steigt gleichzeitig das Hormon Prolaktin an. Prolaktin fördert die Ausbildung des Gesäuges und somit die Milchbildung. 

Mit dem Abbau der Gelbkörper (Ende der Lutealphase) erlangt die Hündin im besten Fall wieder einen hormonellen „Normalzustand“. Die Phase des so genannten Anöstrus (sexuellen Ruhephase) setzt ein, sie dauert so bis der Zyklus wieder mit dem Pro- Proöstrus von Neuem beginnt. 

Bekannte Störungen der Läufigkeit

Komplettes Ausbleiben der Läufigkeit bedingt durch z.B. diverse Hormonstörungen, Unterfunktion der Eierstöcke, Fehlen der Eierstöcke, Hypophysenstörung, Chromosomenstörung, etc. 

Plötzliches Ausbleiben der Läufigkeit nach 1-2 normalen Läufigkeiten, durch Hormonstörungen in der Steuerzentrale im Gehirn, Medikamentengaben (Langzeitbehandlung mit Kortison), etc. 

Verlängerte Intervalle zwischen den Läufigkeiten, v.a. bei älteren Hündinnen, z.B. durch hormonproduzierende Eierstockzysten und Veränderungen der Gebärmutterschleimhaut, Grunderkrankungen (Hypothyreose oder Nebennierenerkrankungen), etc. 

Verkürzte Intervalle zwischen den Läufigkeiten bis hin zu Dauerläufigkeiten durch Hormonstörungen, Eierstockzysten; dies verursacht oft Sterilität durch fehlende Eisprünge und erhöht die Gefahr für eine Gebärmutterentzündung (Schleimhaut kann sich zwischen den Läufigkeiten nicht regelrecht regenerieren) 

Verlängerter Proöstrus oder Östrus über >15-20 Tage, z.B. durch Hormonstörung Verkürzte Läufigkeit, „Weiße Hitze“, < 14 Tage Gesamtdauer, kaum äußere Zeichen der Läufigkeit, evtl. FSH- Mangel 

Wenn solche oder andere Störungen während einer Läufigkeit auftreten, sollte man seine Hündin einem erfahrenen Tierarzt für Gynäkologie zur genauen Diagnostik vorstellen. Dieser kann dann kompetent über die Notwendigkeit einer Therapie entscheiden. 

Allgemeine Tipps:

Keine Untersuchungen auf Kniescheibenluxation (PL) etc. während der Läufigkeit, unmittelbar davor oder danach. Östrogene wirken auf das Bindegewebe, machen weich, Wasser wird eingelagert. In dieser Zeit der ersten Läufigkeit/ Östrogeneinfluss und danach sind junge Hündinnen anfälliger für Verletzungen am Bewegungsapparat (Bänderdehnung, etc.). 

Keine Untersuchung auf Schilddrüsenfunktion, ca. drei Monate vor oder nach einer Läufigkeit. Die Werte können verfälscht werden. Untersuchungen auf Schilddrüsenfunktion am besten in der Zeit des Anöstrus. 

Keine Impfungen! Es ist ungünstig in diesen Zustand hineinzuimpfen, weil das Immunsystem in dieser Zeit ausreichend beschäftigt ist und es sonst fehl reagieren kann. 

Keine ausgiebigen Bäder in Tümpeln oder Teichen gerade zu Beginn der Hitze-> Der Muttermund ist geöffnet-> Infektionsgefahr! 

Genaue Beobachtung der Hündin auf Ausfluss nach der Läufigkeit (ca. 9 Wochen lang), auf Symptome der Scheinträchtigkeit oder einer Gebärmutterentzündung/ Gebärmuttervereiterung. 

Manche Hündinnen leiden vor der Hitze Hormon bedingt unter weichem Stuhl und Durchfall. In der Regel verschwindet der Durchfall schnell wieder von selbst. Nach der Hitze können Durchfall, etc. auf eine mögliche Verwurmung hindeuten, denn durch die Hormone können Wurmlarven neu aktiviert worden sein- selbst wenn die Hündin vor der Hitze erst entwurmt wurde. Lassen Sie dann eine Kotuntersuchung durchführen- eventuell muss nochmals entwurmt werden. 

Einige Zeit nach der Hitze (ca. 3 Monate danach) haaren Hündinnen hormonell bedingt sehr stark ab, verlieren sehr schnell alte Unterwolle in Massen. Kein Grund zur Beunruhigung, das ist normal. 

 

Tipps zum Management der Läufigkeit

Dokumentation:

Dokumentieren Sie jede Läufigkeit genau, nicht nur, wenn sie später züchten möchten. Sie haben so einen Überblick über Intervalle und den Ablauf der Hitze. Notieren Sie den ersten (Tupfen mit Papiertaschentuch) und letzten Tag der Blutung, die Farbe, Farbveränderungen, Intensität und Dauer des Ausflusses, Verhaltensauffälligkeiten etc. bis zu neun Wochen nach der Läufigkeit. Sollten gesundheitliche Probleme auftreten (Gebärmutterentzündung, etc.) helfen diese Informationen Ihrem Tierarzt bei der Diagnostik weiter. Wenn Sie züchten möchten, können Sie so mit allen wichtigen Informationen (Intervalle, Deckbereitschaft, etc.) arbeiten. Sie haben so auch eher die Möglichkeit für Urlaubsreisen, etc. zu planen. 

Leinenpflicht

Während der gesamten  Läufigkeit gehört die Hündin an die Leine. Während dieser Zeit des hormonellen Ausnahmezustandes und ihrem natürlichen Instinkt nach Fortpflanzung können auch die folgsamsten Hündinnen kopflos ausbüxen, wenn sie in weitester Ferne einen Hund erspähen. Das kann gefährlich werden, wenn Straßen überquert werden müssen. Freilauf sollte man hier mit einer sich automatisch einziehenden Leine oder leichtem in der Hitze körperlich nicht zu belastendem Fahrradtraining ersetzen. 

Vorsicht ist geboten, wenn die Hündinnen allein in den Garten können oder unbeaufsichtigt im Garten sind. Kein Zaun ist zu hoch und kein Boden zu hart um nicht doch einen Weg zu einem Rüden zu finden oder umgekehrt. Eigentlich total natürlich, aber eher unerwünscht. Manchmal gastieren und campen Rüden vor dem Haus oder Grundstück der läufigen Hündin. Das kann man sehr effizient verhindern, wenn man mit der heißen Hündin für Spaziergänge nicht direkt von Zuhause losläuft und so durch das Legen einer Spur eine direkte Einladung ausspricht. Der typisch starke Geruch (nehmen nur die Rüden wahr) einer läufigen Hündin kann mit Obstessig- Zugaben (1TL pro Mahlzeit- wenn es die Hündin frisst und verträgt!) oder Chlorophyll Dragees (z.B. Canina) etwas neutralisiert werden. Die Dragees beeinträchtigen den hormonellen Ablauf nicht und können auch Hündinnen gegeben werden, die in der laufenden Hitze gedeckt werden sollen (einige Tage vor dem Decken absetzen). 

Blutung

Einige Hündinnen halten sich selbst durch ausgiebiges Putzen komplett sauber, andere sind eher nachlässig und tröpfeln sich so durch die Läufigkeit. Der Blutung und der eventuell befürchteten Verschmutzung von Böden, Teppichen etc. kann man gut aus dem Weg gehen, wenn man die Hündin bereits in der ersten Läufigkeit an das Tragen von Schutzhöschen gewöhnt. Diese Gewöhnung dauert in der Regel einige Tage und man muss den vorwurfsvollen Blick oder das etwas verstörte Verhalten der Hündin „aussitzen“ und nicht zu früh aufgeben. Höschen entweder aus dem Fachhandel oder günstige Kinderunterhosen, die man täglich wechseln und auskochen kann. Mit der Schere einfach Platz für die Rute oben quer einschneiden und diese durchziehen. Hält prima. Einlagen je nach Akzeptanz der Hündin. Die Hündinnen mögen das nicht sehr gerne, weil sie sich nicht mehr so pflegen können wie sie es gerne tun würden. Sie tolerieren es aber bei Gewöhnung sehr gut. 

Quellen: Dr. Andrea Münich, "Fortpflanzung der Hündin", BioS Verlag   

Evans/White, "Die Hündin" 

www.laboklin.de